Maria Ratschitz, Südafrika, Weihnachten 2005

Hallo alle zusammen,

 

Ich dachte mir ein kleiner Weihnachtsrundbrief wäre nicht die schlechteste Idee, schon deshalb nicht, weil ich überhaupt keine Weihnachtsgefühle und Weihnachtsstimmung habe. Es ist so anders wenn man hier bei 30 Grad sitzt und alles grünt und blüht. Und wer sich jetzt denkt „Oh toll!“, nein, das ist es nicht, ich vermisse den Schnee, einen kleinen Schnupfen und sich die kalten Füße am Kamin wärmen.

Ich hatte diese Woche Nachtschicht im Hospiz und es ist ganz anders als tags über. Es gibt zwei Patienten die immer laut und unruhig atmen und dann für kurze Zeit zum atmen aufhören, da sie zu wenig Kraft haben. In diesen Momenten schreckt man dann immer auf und sieht nach ob alles in Ordnung ist, da man denkt einer ist gestorben. Der eine Patient heißt Jabulani und die andere Makosi. Beide sind schwer krank und sehr schwach. Ich konnte bei beiden Patienten über die letzten drei Wochen richtig beobachten wie sie von Tag zu Tag schwächer werden. Speziell während der Nachtschicht, wo die Patienten jeden Tag gewaschen werden, konnte man das sehen.

Makosi hat einen schweren Durchfall und wird von Tag zu Tag dünner, sie bekommt auch immer mehr von den typischen HIV/AIDS Flecken.

Als Jabulani hier vor drei Wochen ankam, konnte er sich noch selbstständig waschen und aufstehen fuer einen kleinen Spaziergang. Letzte Woche konnte er nicht einmal seine Pinkelflasche halten und wir mussten ihm Windeln anziehen. Er konnte sich auch nicht mehr richtig bewegen, sogar das drehen im Bett hat geschmerzt und wir mussten ihm dabei helfen.

Es gibt aber auch schöne Dinge zu berichten, da ich ja meistens von den schlechten/traurigen Geschichten schreibe.

Wir haben einen Patienten, Patric, der jeden Tag von mir gefüttert wird. Als ich an einem Tag zu spaet kam und eine Nurse angefangen hat ihn zu füttern, hat er, nachdem er mich gesehen hat sofort das Essen von ihr verweigert und wollte von mir weiter gefüttert werden.

Ein anderer Patient, Zuelake, der nur Zulu spricht und auch so nuschelt, das ihn viele Zulus nicht verstehen, hat letztens gesagt, das ich für ihn wie ein Vater bin. Dabei sitze ich nur neben ihm und höre ihm zu, verstehen tue ich natürlich gar nichts. Aber alleine durch die Tatsache das sich einer die Zeit nimmt mit ihm zu reden (in meinem Falle nur Nicken und Lachen, wenn er lacht) und ich ihn während der Nachtschicht wasche und kleide, sieht er mich als Freund, für ihn wie einen Vater.

Das sind diese Momente, wo ich sehe das meine Arbeit nicht umsonst ist und ich spüre etwas richtig zu machen.

There I can see progress.

Es ist nichts umsonst, auch wenn es sehr oft so scheint...

Allerdings mache ich mir en paar Vorwürfe, da ich gestern mit der Nachtschicht aufgehört habe um an Weihnachten nicht die ganze Zeit müde zu sein, sondern es würdig zu feiern.

Jabulani ist diese Nacht gestorben und ich war nicht da; ich hätte ihm gerne noch die Hand gehalten und mit ihm gebetet...

 

Gesegnete Weihnachten und genießt das Beisammensein. An Weihnachten alleine sein ist nicht schön.

 

LG Bernhard